Leben und Geschehen der KG Vilkerather Narren
in der Zeit von 1957 bis 1968
Die Karnevalsgesellschaft Vilkerather Narren hat elf Jahre erfolgreich „überlebt“, trotz aller Pessimisten, die sie einst als „Eintagsfliege“ degradierten. Von Ausruhen konnte allerdings keine Rede sein.
Einen Einblick in das Vereinsleben der Gesellschaft im oben genannten Jahrzehnt erlaubt das ausnahmslos handschriftlich verfasste Protokoll- und Berichtsbuch der KG (Band II). Vorstandsversammlungen, Mitglieder- und Generalversammlungen (hier ist anzumerken, dass bis zum Jahr 1964 der Vorstand lediglich für die Dauer von einem Jahr gewählt wurde), detaillierte Auflistungen der verpflichteten Kräfte und der Programmablauf einer jeden Sitzung sowie ein kurzer Kommentar des jeweiligen Schriftführers füllen über 180 Seiten. Und trotzdem offenbaren diese Zeilen nur einen Bruchstück der Geschichte der Vilkerather Narren: die Aufzeichnungen beruhen einzig und allein auf Geschehnisse in der „Männerwelt“ der Karnevalsgesellschaft Vilkerather Narren, das Damenkomitee kommt leider nicht zu Wort.
Es ist der Verfasserin dieser Zeilen nicht bekannt, ob und inwieweit die Damen ein ähnliches Berichtswesen führten. Bekannt ist, dass es eine getrennte Kassenführung gab und dass sich das Aufnahmeverfahren neuer Mitglieder streng nach Geschlecht vollzog: männliche Bewerber wendeten sich an die Herren, weibliche Interessenten an den Vorstand des Damenkomitees.
Obwohl bemerkenswert viele Ehepaare Mitglieder der Gesellschaft waren, gab es im Vereinsleben vergleichsweise wenige „Berührungspunkte“: seit Gründung der Damengesellschaft hatte diese das Recht, aus ihren Reihen den Elferrat für die jeweils am Karnevalswochenende stattfindende Galasitzung zu stellen. Aber nur der Vorstand des Damenkomitees führte das Privileg, an der jährlichen Generalversammlung (der Herren) teilzunehmen. Stimmrecht hatten sie allerdings nicht. Erst auf einer Vorstandsversammlung im Oktober 1963 wurde einstimmig (von den Herren) beschlossen, dass alle Damen künftig zur Hauptversammlung einzuladen seien. Umgesetzt wurde diese Entscheidung erstmals Anfang 1964. Als „Konsequenz der Gleichberechtigungsbestrebungen“ wurde in der Jahreshauptversammlung am 1. Juni 1972 beschlossen, zugunsten der Damen die Satzungstexte zu ändern und ihnen das Wahlrecht zuzuerkennen.
In puncto Kinderkarneval arbeiteten die Herren und Damen Hand in Hand. 1957 wurde erstmalig der Versuch unternommen, den heimischen Kindern einen bunten karnevalistischen Nachmittag zu bieten. Seine Gestaltung und Durchführung wurde zunächst der oberbergischen Kinderbühne Altos übertragen. Im Jahr 1959 führte die Gesellschaft die Kindersitzung in eigener Regie: die Moderation übernahm der Präsident oder die Präsidentin des Damenkomitees. Die Damen waren es auch, die dafür sorgten, dass jedes Kind nach der Sitzung mit einer Tüte süßen Inhalts beschenkt wurde. Ein „Abschiedsgeschenk“ ist bis heute übrigens fester Bestandteil des Vilkerather Kinderkarnevals. Ermöglicht wurde (und wird) diese gute Tat dank der großzügigen Spenden von Freunden und Gönnern der Gesellschaft. Ebenso Usus war (und ist) der Besuch des Overather Kinderheimes Maria Schutz sowie der heimischen Kindergärten während der närrischen Tage. Angeführt wurde die „Truppe“ jahrelang von Präsident Hans Radtschenko und Präsidentin Gisela Hürholz, die mit nur 27 Jahren 1962 das Amt übernahm.
Zur Förderung der Geselligkeit (und Zusammengehörigkeit) wurde in verschiedenen Jahren ein gemütlicher Familienabend für alle mit Ehepartner organisiert, 1964 fand erstmalig ein von der Gesamt-KG organisiertes Fußballspiel (2. FC Eulalia gegen Pantunesia SV) statt.
Wenngleich sich seit Gründung des Damenkomitees eine, flapsig gesagt, Zwei-Parteien-Wirtschaft unter dem Dach der Karnevalsgesellschaft etablierte, so hatte dies doch keinen Einfluss auf ihren Gesamterfolg. Gemeinsam meisterten sie Höhen und Tiefen.
Dem Protokoll- und Berichtsbuch ist zu entnehmen, dass es nicht selten eine Reihe von unvorhersehbaren Faktoren zu bewältigen gab: sinkende Besucherzahlen, die zum Teil durch den Einzug moderner Techniken, wie z.B. das Fernsehen und nicht zuletzt durch die gestiegene Mobilität, sprich bessere Verkehrsanbindung und die Anschaffung von Privatfahrzeugen, bedingt waren; das Absagen von Kräften (Peripherielage); ihre Honorare; der gehobene Anspruch der Bevölkerung und der Mitglieder selbst; die Beschaffung von Insignien und nicht zuletzt die Finanzlage - vereinsinterne Angelegenheiten, die der Karnevalsgesellschaft Bauchweh bereiteten.
Die nachfolgenden Zitate des Schriftführers Herbert Schumacher dokumentieren, dass viele „Probleme“ von damals nichts an Aktualität eingebüßt haben. Darüber hinaus wird in vielen seiner Ausführungen auch deutlich, warum das Damenkomitee als „Prunkstück der Vilkerather Narren“ betitelt wurde.
Eine wahre Pechsträhne erlebte im Februar 1959 die Präsidentin des Damenkomitees, Lucia Malling, während der von ihr moderierten Galasitzung. Herbert Schumacher notierte:
„Na ja, das muss man sagen, die Frauen, an ihrer Spitze die bewährte, wenn auch jetzt verheiratete Präsidentin Lucia Malling, hatten erst mal Pech. Keine Musik, weit und breit nichts zu sehen. Aber sie meisterten diese heikle Angelegenheit mit einem Humor und einem Schneid - Junge, da war alles dran! Bis zum Eintreffen der Musik hatten die Frauen es fertig gebracht, eine Stimmung zu erzeugen, die einfach einmalig war. Ja, der ganze Saal ging von Anfang an mit.“ Und nach dem Auftritt von zwei Kräften „... gingen wir in die Pause. Gezwungenermaßen, weil starker Nebel aufgekommen war und kein Wagen mehr durchkommen konnte. Telefonisch entschuldigten sich die angekündigten Kräfte ...“
24 Stunden vor der Prunksitzung vom 18. Januar 1964 erkrankte Präsident Hans Radtschenko: „Diese Sitzung hatte mit Hindernissen begonnen, da unser Präsident Hans Radtschenko plötzlich erkrankte. Vor der Sitzung fuhren Peter Wester und Rudi Kurth sofort nach Steinenbrück, um unseren alten Freund und Helfer Hans Hausmann aufzusuchen, um ihn zu bewegen, unsere Sitzung zu leiten. Es klappte auch wunderbar und alles ging in Ordnung.“
Für die Prunksitzung am 29. Januar 1966 konnten nicht ausreichend Kräfte verpflichtet werden. „Die Überlegung geht nun dahin, machen wir die Sitzung, oder lassen wir sie ausfallen. Die Musik und zwei Kräfte, die verpflichtet sind, können nicht rückläufig gemacht werden. Nach längerer Diskussion einigte man sich, einen Ball abzuhalten...“
Darf man dem Schriftführer Glauben schenken, war die Galasitzung (der Damen) immer wieder ein voller Erfolg. 1966 schrieb Herbert Schumacher: „Ja, unser Damenkomitee, wenn wir das nicht hätten. Jedes Jahr ist es unser Rausreißer, was die finanzielle Seite betrifft. Wieder mussten Stühle und Tische aufgestellt werden, um den Andrang gerecht zu werden.“
Unzufriedenheit herrschte in den Reihen der Herren, der 1. Vorsitzende Rudi Kurth bekundete 1966 Rücktrittsabsichten. „In den letzten Jahren hat die Aktivität der Mitglieder nachgelassen. Je mehr Mitglieder wir sind, desto nachlässiger sind wir. Die Kräfte werden immer anspruchsvoller, d.h. mehr Geld. ... Die Frauen setzen sich für ihre Sitzung mehr ein. Finanziell ist die Damensitzung die Beste. In der finanziellen Besetzung sind die 1. und 2. Sitzung gleich. Immer ist die Stimmung in der 2. Sitzung am Karnevalssonntag besser als in der 1. Sitzung. Wir müssen irgendetwas machen oder uns einfallen lassen, um besser beim Publikum anzukommen.“
Es lag sicherlich an der Terminwahl, vielleicht aber auch an dem Charme der Damen. Ihre Sitzung war immer wieder ausverkauft, die von den Herren geleitete Sitzung nicht, obwohl für beide Sitzungen dieselben Kräfte verpflichtet wurden. So auch 1967: „Wir wollen darauf hinarbeiten, dass die 1. Sitzung gut besucht wird, Kräfte sind bei beiden Sitzungen gleich. Die erste Sitzung muss hervorgehoben werden. Die Bevölkerung muss von dem Eindruck weg, das die 2. Sitzung besser sei.“
Während der Mitgliederversammlung vom 11. Februar 1968 wurde die Prunksitzung (der Herren) kritisiert. Es lief nicht so wie es sein sollte und Unzufriedenheit herrschte nicht nur in punkto Besucherschwund ...: „Beanstandet wurde am 11er-Rat, das er nicht gleichmäßig aufsteht. Radtschenko soll ein Zeichen geben. Außerdem sollen die 11er-Ratsmitglieder die Röcke alle zuhaben!“ Kleinigkeiten denken Sie? Oh nein! Auch heute noch gibt es sehr viele kritische Augenzeugen im Publikum...
Die Karnevalshits der Jahre 1957-1967
1958 Kornblumenblau
1959 Am Aschermittwoch ist alles vorbei
1960 Schnaps, das war sein letztes Wort
1961 Äaze, Bunne, Linse
1962 Drei Wochen war der Ärmste krank
1965 Humba Tätärä
1966 Bums Valdera